Für den Landkreis Mainz-Bingen entsteht in Ingelheim am Rhein in zweites Dienstgebäude. Es wird in Holzhybrid-Bauweise errichtet.

Die Planungen zu dem mit Landesmitteln geförderten viergeschossigen Bürogebäude umfassen zwei Bauabschnitte. Eine Erweiterung mit gleicher Geschossanzahl ist von vornherein mitberücksichtigt worden. Das unterirdische Geschoss mit Tiefgaragennutzung und Räumen für die technische Gebäudeausrüstung ist bereits in voller Ausbaustufe realisiert. Der fertiggestellte Bau soll im Sommer 2023 eröffnet werden.

Fast + Epp hat die Leistungen der Tragwerksplanung nach HOAI erbracht und zudem das WU-Konzept erstellt sowie die Nachweise zum konstruktiven Brandschutz geführt. Auch im Bereich Bauphysik zeichnet Fast + Epp verantwortlich.

Projektinformationen

  • StandortIngelheim am Rhein
  • AuftraggeberLandkreis Mainz-Bingen
  • EntwurfLandkreis Mainz Bingen / Architekten Höhlich & Schmotz
  • Größe16.682 m² BGF
  • Kosten25,9 Mio. EUR netto, Kgr. 300 + 400
  • BearbeiterFast + Epp Deutschland

Das Untergeschoss mit Nutzung Parkhaus und Technikflächen ist –wie in den ursprünglichen Planungen vorgesehen – in Stahlbetonbauweise erstellt worden. Für die aufgehenden Geschosse konnte Fast + Epp indes den Auftraggeber mit einer Holzskelett-Konstruktion überzeugen. Fünf Betonkerne mit Treppen und teilweise auch Aufzügen sowie einzelne Stahlbetonwände übernehmen die Aussteifung. Außenliegende Fluchttreppen sind als Stahlkonstruktion realisiert.

Das von Fast + Epp entwickelte Holz-Tragwerk darf man sich als Stecksystem nach dem Baukastenprinzip vorstellen. Die Brettschichtholz-Pendelstützen, welche die vertikalen Lasten abtragen, werden in den Flurachsen als Gabelstützen, in den Außenwänden mit Doppelfalz-Ausschnitt ausgebildet. Sie dienen den Brettschichtholz-Unterzügen als Auflager. Auf den Unterzügen liegen vorgefertigte fünf- bzw. siebenlagige Brettsperrholz-Deckenelemente (CLT).

Dank einer Aussparung in den Brettsperrholz-Deckenplatten leiten die oberen Stützen die vertikalen Lasten direkt in die unteren ein. Hierdurch werden Querdruckprobleme in den Decken und Unterzügen vermieden. Dank des Steckprinzips konnte im Wesentlichen auf Stahlbauteile verzichtet werden, die zur Einhaltung der Brandschutzanforderungen verkleidet werden.

Dieses einfache Konstruktionsprinzip führt zu maximaler Flexibilität in der Nutzung. Da Decken über den Räumen frei spannen, sind alle Trennwände nichttragend und daher frei verschiebbar. Zudem konnten aufgrund des hohen Grades an Serialität zahlreiche Bauteile vorgefertigt werden. Das hat die Bauzeit um ein Jahr verkürzt.

Im Zuge der Entwurfsplanung haben die Ingenieure von Fast + Epp verschiedene Varianten der Nutzung von Laubholz anstelle von Fichtenholz betrachtet. Anlass dafür waren vor allem stark schwankende Rohholzpreise, die zu einem Zielkonflikt führten: Entweder die Baukosten wären immens gestiegen, oder man hätte die Verwendung des ökologischen Baustoffes Holz minimieren müssen. Im Ergebnis konnte Birke als gangbare Alternative identifiziert werden.

Da zusätzlich zu den Stützen auch Unterzüge aus Birke hergestellt werden sollten und hier Durchbrüche erforderlich waren, ist sicherheitshalber eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung eingeholt worden. In einer gutachterlichen Stellungnahme sind mithilfe von Finite-Element-Berechnungen die Spannungen im Bereich von Durchbrüchen in den Unterzügen in Abhängigkeit von ihrer Lage und Größe untersucht worden. Auf der Grundlage dieser Berechnungen hat man Querzug- sowie vereinzelt Querkraftverstärkungen angeordnet.

Mittlerweile sind in Ingelheim rund zweitausend Kubikmeter Fichten- und Birkenholz verbaut. Dadurch werden im Vergleich zur konventionellen Stahlbetonbauweise bereits bei der Herstellung rund zweitausend Tonnen Kohlenstoffdioxid eingespart. Die sogenannte graue Energie.

Dank der von Fast + Epp in enger Abstimmung mit dem Bauherrn und den Architekten entwickelten Konstruktion nach dem Baukastenprinzip kann der Neubau in Zukunft problemlos zurückgebaut werden. Die Bauelemente sind dabei nach Material sortenrein zu trennen und wieder dem technischen Kreislauf zuzuführen. Daher ist die Wirkung der eingesetzten Materialien auf die Umwelt weitgehend reversibel.

Das rheinland-pfälzische Klimaschutzministerium hat den Neubau als «echte Besonderheit und ein tolles Beispiel für gelebten Klimaschutz» anerkannt und mit einer namhaften Summe gefördert.

Rendering: Architekten Höhlich & Schmotz, Visualisierer: MACINA; Grafik und Fotos: Fast + Epp / Rahel Welsen